Gaggenau - Simultan mit Ketino Kachiani-Gersinska

10. September 1994

Lassen wir zu Gaggenau 1994 einfach die Berichte aus "Der fidele Randspringer" sprechen. Es begann bereits am Freitagabend mit einem Simultanspiel gegen Ketino Kachiani-Gersinska.

Brocken beim Simultan

Nur Verrückte können auf die Idee kommen, den durch die Ausrichtung des Deutschlandpokals ohnehin großen Organisationsaufwand, durch eine Simultanveranstaltung als Rahmenprogramm weiter aufzublähen. Allerdings, wer Herwald, Kai und Reinald kennt...

Jedenfalls sind wir jetzt, nachdem alles überstanden ist, der Auffassung, dass sich die Mühe gelohnt hat. Unserer örtlichen Presse (BNN) war die Simultanvorstellung zwei größere Berichte wert. Am Donnerstag, im Vorbericht, sprang die Zeile "Großmeisterin bei SG Stern" einjedem schier ins Auge, am Dienstag nach dem Turnier konnte man unter einem Bild, das unsere Großmeisterin in Action zeigte, lesen: "SG Stern trug
Volker Heinz
Eröffnung der Simultanvorstellung
durch H. Volker Heinz,
Leiter des PLZ Achse
Schachmeisterschaften aus". Hinzu kommt, dass ein Mitarbeiter der Badischen Neuesten Nachrichten es sich nicht nehmen ließ, zur Veranstaltung anwesend zu sein. Auch im Badischen Tagblatt, eine weitere Tageszeitung unserer Gegend, konnte man über das zu diesem Zeitpunkt noch bevorstehende Simultan erfahren. Leider konnte ich den Südwestfunk nicht davon überzeugen, eine kurze Radio-Reportage zu senden. Aber, das kann ja noch kommen...

Viel mehr begeisterte mich jedoch, dass Herr Volker Heinz, Leiter des PLZ Achse in Gaggenau, seine ohnehin knappe Freizeit nicht nur durch die Eröffnung der Veranstaltung opferte, sondern es sich nicht nehmen ließ, im Rahmen der Veranstaltung seine Partie zu Ende zu spielen. Ich hoffe, der Abend unter uns Schachspielern hat Herrn Heinz Freude bereitet. Gewiss gefallen hat die Veranstaltung Herrn Johann Zöllner, unserem Leiter der SG Stern Gaggenau. Kein Wunder, denn er zog das Zuschauen dem anstrengenden Spiel vor. Aber das sei ihm gegönnt, denn als "Oberverantwortlicher" hat man allerlei andere Lasten zu tragen.

Etwas enttäuscht waren wir über die relativ geringe Anzahl an Teilnehmern, die nicht in einem Verein, sondern nur zur privaten Verlustigung Schach spielen. Gerade dieses Klientel wollten wir erreichen, denn wann hat man schon die Gelegenheit, gegen jemanden wie Frau Kachiani-Gersinska anzutreten? Doch wahrscheinlich obsiegte die unbegründete Angst, sich beim Spiel zu blamieren. Dafür hatten wir aber mehr Zuschauer als erwartet!

Und immerhin zwanzig Teilnehmer, die versessen darauf waren, GM Ketino Kakhiani-Gersinska zu besiegen, oder wenigstens mit einem Remis davonzukommen. Über unsere Großmeisterin müssen wir selbstverständlich auch ein paar Worte verlieren. Sie war in den Jahren 1989 und 1990 Weltmeisterin bei den Juniorinnen, bekam 1990 den GM-Titel der Damen verliehen und ist in der aktuellen Weltrangliste auf Platz 12 verzeichnet. Bei der im Dezember in Griechenland stattfindenden Mannschafts-Weltmeisterschaft wird Frau Kachiani-Gersinska erstmals das Deutsche Team verstärken und für den nächsten Zyklus der Einzelweltmeisterschaft hat sie sich viel vorgenommen.

Eröffnungszug
Beginn der
Simultanveranstaltung
Wer jedoch meinte, dass diese Veranstaltung ein Kinderspiel für Frau Kachiani-Gersinska werden würde, sah sich alsbald getäuscht. Erst kurz vor 22:00 Uhr, also nach zwei Stunden Spielzeit, musste der erste Gegner passen. Kurz nach dem Unglücklichen erwischte es zwei weitere Kämpen, ehe Kai Götzmann von der SG Stern Gaggenau um 22:05 Uhr einen vollen Punkt einfuhr. Bis 23:00 Uhr gelang es Herbert Krzestan, ebenfalls von der SG Stern Gaggenau, als einzigem, wenigstens Remis zu erzielen, womit sich ein Zwischenstand von 8,5 - 1,5 ergab.

Dass jetzt fast nur noch gestandene Gegner übrig waren, bekam unsere Großmeisterin zu spüren. Von den letzten 10 Begegnungen konnte sie nur noch vier für sich entscheiden und musste viermal ins Remis einwilligen. Eine weitere Partie, gegen Thomas Runde aus Syke bei Bremen, aber für die SG Stern Berlin spielberechtigt, musste sie aufgeben. Remis erreichten Hermann Kysucan (SG Stern Berlin), Willy Fritz (SG Stern Gaggenau), Patrick Karcher, ein junger, aufstrebender Spieler des Schachvereins Ottenau, der am gleichen Wochenende im Badischen Team einen Wettkampf gegen das Elsass bestreiten durfte, und Herr Flämig von der SG Stern Stuttgart, der zugleich die längste Partie spielte. Pech für ihn, denn aufgrund eines, oder eher mehrerer Staus auf der Autobahn, konnten die Stuttgarter nirgends zum Abendessen einkehren, so dass sich Herr Flämig mit unseren Salzstangen über Wasser halten musste. Um 24:00 Uhr konnte er dann doch noch zu einem Mitternachtsimbiss aufbrechen und zeitgleich konnte der Endstand verkündet werden. GM Ketino Kakhiani-Gersinska gewann mit 15,5 zu 4,5 Punkten.

Jeder Teilnehmer erhielt als Andenken eine Urkunde, die Frau Kachiani-Gersinska auf Wunsch gerne unterschrieb - und jeder konnte mehr oder weniger glücklich nach Hause gehen. Jedenfalls fast jeder, denn einige "Freiwillige" durften noch den Turniersaal für den Deutschlandpokal richten. Aber auch dies war gegen 1:30 Uhr am Samstag früh erledigt. Nicht erledigt hingegen waren die Zockereien in unserer Bar - wie ich zu Ohren bekam, ging es dort noch einige Stündchen weiter...

Und wer wurde zweiter?

Wir haben uns ja alle schon daran gewöhnt, dass Stuttgart den Deutschlandpokal gewinnt, so auch dieses Jahr. In der Besetzung Carstens, Josef Gheng, Ralf Müller und Born besiegten sie sechsmal ihre Gegner, wobei sie nur 1,5 Brettpunkte abgaben. Eigentlich wundert sich alle Welt, warum Armin Ordu, der Stuttgarter Spartenleiter, jedesmal den Pokal hin- und herschleppt. Sinnvoller wäre es, diesen gleich in Stuttgart zu belassen. So, nachdem wir den Standard erläutert haben, können wir zum restlichen Turniergeschehen übergehen.

Bereits nach der ersten Runde schrien meine Kollegen aus Gaggenau, dass das Turnier mit sofortiger Wirkung für beendet erklärt werden soll. Nicht so sehr, weil sowohl Gaggenau 2 als auch Gaggenau 3 mit zwei 4:0 Siegen an erster Stelle lagen, vielmehr weil sie erstmals seit Menschengedenken vor uns - Gaggenau 1 - lagen. Selbstverständlich wurde deren Ansinnen abgelehnt und die zweite Runde relativierte die Tabellensituation wieder: Gemeinsam in Führung Stuttgart 1 und 2, die es jeweils auf stolze 8 Brettpunkte brachten, vor Gaggenau 1. Mannheim 1 gehörte auch noch zur verlustpunktfreien Spitze.

Und diese maß sich in der dritten Runde untereinander, wobei Stuttgart 2 den Kollegen der Ersten 0,5:3,5 unterlagen und Mannheim 1 gegen Gaggenau 1 remisierte. Sindelfingen 1 und Gaggenau 2 konnten nach dieser Runde zu den führenden aufschließen. In der vierten Runde setzte es für Gaggenau 1 und 2 sowie Mannheim 1 Niederlagen, wodurch sich Stuttgart 2 und Sindelfingen 1 in die Preisränge emporspielten.

Sindelfingen 1 beschloss in der Vorschlussrunde das Schicksal von Gaggenau 2 durch einen 3,5:0,5 Erfolg. Zeitgleich kam Stuttgart 2 nicht über ein 2:2 gegen Gaggenau 1 hinaus, was die Endplazierung vorwegnahm, da Sindelfingen 1 und Stuttgart 2 in der Schlussrunde miteinander remisierten. Aber zurück zur vorletzten Runde: Mannheim 1 erzielte das beste Ergebnis aller Mannschaften gegen Stuttgart 1, denn sie verloren nur 1:3. Erstmals lässt sich auch DASA Schrobenhausen unter den ersten sechs Plätzen finden.

Und, kaum Höhenluft in der Nase, schon ziehen sie an einigen vorbei. DASA Schrobenhausen besiegte Kassel in der Schlussrunde mit 3:1, womit sie den vierten Rang belegten. Mannheim 1 konnte Stuttgart 3 mit dem gleichen Ergebnis niederringen, Rang fünf hierfür. Gaggenau 1 krankte an den hinteren Brettern, was die vielen 2:2 erklärt. So reichte es auch in der letzten Runde gegen Sindelfingen 2 nur zu diesem Resultat und somit zu dem sechsten Platz. Immerhin noch sechster, denn hätte uns Gaggenau 2, die einen Mannschaftspunkt und einen Platz hinter uns landeten, noch überholt, so hätten wir in unserer Sparte auf ewige Zeiten mit Hohn und Spott zu leben.

Nicht unvergessen sollen die Spieler der erfolgreichen Mannschaften bleiben. Sindelfingen 1 belegte in der Aufstellung Herbst, Reimann, Lawatsch und Heyduk den zweiten Platz und Stuttgart 2 trat mit Flämig, S. Gheng, Malovrh und Werlein an. Für DASA Schrobenhausen kämpften Senner, Wierzioch, Döltsch und Beifuß. Mannheim 1 bot die bekannten Mader, Jansky, Lohmüller und Oestreicher auf.

Endstand Mannschaftsturnier:

Endstand Mannschaft

Rundenergebnisse Mannschaftsturnier:

Runden 1 bis 4
Runden 5 bis 6

Das Einzelblitzturnier

Nachdem das Mannschaftsturnier vom Vormittag und das exzellente Gulasch verdaut war, konnten wir uns gegen 15:00 Uhr an das Einzelblitzturnier heranwagen. Wer war Favorit? Klangvolle Namen wie Josef Gheng (Stuttgart), der Vorjahressieger, oder Carstens (Stuttgart), bereits zweimaliger Sieger im Einzelblitz, Ralf Müller (Stuttgart), im letzten und vorletzten Jahr jeweils dritter, Tommy Runde (Berlin), Sieger anno Tobak in Kassel, oder Born (Stuttgart), ständig auf dem Siegertreppchen zu finden konnten in der Startrangliste gefunden werden.

Nicht zu verachten und für eine Überraschung gut waren auch J. Flämig (Stuttgart), Seres (Wörth), Simona Gheng (Stuttgart), Jansky (Mannheim) und Reinald Kloska, Gaggenau. Aber die eigentliche Frage war: Konnte überhaupt jemand in die Phalanx der Stuttgarter einbrechen, die im letzten Jahr in Sindelfingen bekanntlicherweise Platz 1 bis 4 belegten?

Die erste Überraschung ergab sich gleich in der ersten Runde. Carstens verlor gegen Pross (Sindelfingen), ansonsten blieben die Westen der Favoriten bettlakenweiß. In der zweiten Runde musste sich Jansky geschlagen geben, was ihn wohl in ein Tief stürzte, denn in den beiden folgenden Partien erzielte er lediglich ein Remis. Sein starker Schlussspurt von 4,5 Punkten aus 5 Runden ließen ihn wieder Anschluss an die Spitze finden. Ich kann es vorwegnehmen, Jansky belegte im Endklassement mit 6 Punkten den achten Platz.

In der dritten Runde erwischte es J. Flämig und Reinald Kloska. Flämig musste die Übermacht von Josef Gheng einsehen, Reinald Kloska ging es gegen Born nicht anders. In Runde vier erwarteten uns die ersten Spitzenduelle. Josef Gheng remisierte mit Seres, Ralf Müller unterlag Born und Simona Gheng zog gegen Thomas Rundé den Kürzeren. Nach vier Runden führten Born und Rundé das Feld verlustpunktfrei an, gefolgt von Seres und Josef Gheng.

Selbstverständlich hieß nun die Top-Begegnung Rundé gegen Born, und, damit niemand davonziehen konnte, endete diese remis. Seres verabschiedete sich vorerst von der Spitze durch eine Niederlage gegen Carstens. J. Flämig mußte sich in glatt gewonnener Stellung geschlagen geben, da sein Blättchen gefallen war - Reinald's Glück!

In der sechsten Runde remisierten J. Gheng und Born miteinander, was Rundé die alleinige Führung einbrachte, denn es gelang ihm, Carstens die zweite Niederlage im Turnier zuzufügen. Ebenfalls die zweite Niederlage holte sich Simona Gheng gegen Ralf Müller ab. Rundé wandte sich sofort an die Turnierleitung mit der Bitte, das Turnier sofort abzubrechen und die Siegerehrung durchzuführen. Da das kalte Büffet noch nicht gerichtet war, musste die Turnierleitung sein Ansinnen negieren. Zudem wären einige andere nicht unbedingt damit einverstanden gewesen. Da könnte man zum Beispiel diejenigen nennen, die Rundé knapp auf den Fersen folgten: Josef Gheng, Born, Kloska, Müller.

In der siebten Runde durfte sich Reinald Kloska von allen Träumen verabschieden, denn er verlor gegen Josef Gheng. An sich ist dies nichts Schlimmes, doch wenn man gesehen hat wie ... Jedentälls gleicht sich Glück und Pech in einem Turnier in der Regel aus, denn gegen Flämig hatte er großes Glück gehabt, gegen Gheng war jetzt das Pech dran - in Gestalt seines Königs, der zwanglos ins Schach wanderte und urplötzlich vom Brett verschwand. Seres musste sich ebenfalls ein weiteres Mal geschlagen geben, Born konnte ihn bezwingen. Ordu vermasselte seinem Mannschaftskameraden Flämig eine bessere Platzierung, da er diesem ein Osterei für die Tabelle schenkte. Und auch Runde musste erstmals seinen König umlegen, Ralf Müller erwies sich als der Stärkere.

Dies brach Rundé wohl das Genick, denn er verlor auch noch die beiden letzten Runden. In der Vorschlussrunde gegen Kloska, zum Schluss gegen Gheng. Dazu fällt mir an dieser Stelle eine kleine Geschichte ein: Tommy, also Rundé, laberte bereits am Vorabend in der Bar ein schreckliches Gesülze an Reinald Kloska heran. Meinte er doch: "Reinald, es ist mir völlig egal, welchen Platz ich belege, und wenn es der 137. wäre - Hauptsache, ich lande einen Platz vor Dir!" Worauf Reinald nur entgegnen konnte: "Vollkommen klar, da ich das Turnier gewinne und somit erster sein werde, bist Du tatsächlich einen Rang vor mir, als Nullnummer!" Jedenfalls rutschte Rundé bis auf den 10. Platz ab ... (Anm. d. Red.: aus inhaltlichen Gründen erfolgt die Fortsetzung dieses Satzes erst am Berichtsende).

Auch Müller erging es nicht viel besser, denn er verlor nacheinander gegen J. Gheng und gegen Kloska. Somit auch für ihn das Aus und der sechste Rang. Simona Gheng musste gegen Born ebenfalls die Segel streichen und trat zur letzten Runde gegen Seres gar nicht mehr an - kein feiner Zug von ihr.

Vor der letzten Runde führten J. Gheng und Born gemeinsam mit je 7 Punkten vor Carstens, Müller und Kloska mit je 6 Punkten. Die Schlussrunde entschied: Kloska gewann, wie bereits erwähnt gegen Müller (allerdings in völlig ausgeglichener Stellung nur aufgrund besserer Zeit), Carstens konnte Born besiegen und J. Gheng machte gegen den stark angeschlagenen Rundé alles klar. Die Titelverteidigung war ihm geglückt - Herzlichen Glühstrumpf, äääh, Glückwunsch! Ob der besseren Wertung landete Born vor Kloska und Carstens auf dem zweiten Rang. Den fünften Platz konnte Seres sein eigen nennen, gefolgt von Müller, Flämig und Jansky. Interessantes ereignete sich auf Platz 9. Dort tauchte jemand auf, den man sicherlich nicht so weit oben erwartet hätte, und ich glaube, er selbst rechnete auch nicht mit einer solch guten Plazierung. Die Rede ist von dem Gaggenauer Kurt Stoll. Mit 3:3 Punkten startete er etwas behäbig, ließ aber dann drei Siege in Folge nachkommen, was ihm 6 Punkte sicherte - einen halben mehr als Runde! Der zweite Berliner, Kysucan, belegte mit 5,5 Punkten Rundé's Nachbarplatz. Die weiteren Platzierungen können dem Tabellenteil entnommen werden.

Ich bitte all diejenigen um Verzeihung, die sich in nicht geringerem Maße am Gelingen des Turniers beteiligt haben, aber im Bericht mit keiner Silbe erwähnt wurden.

... und ich gewann das Turnier nicht (Anm. d. Red.: dies ist die Fortsetzung des weiter oben nicht beendeten Satzes).

Endstand Einzelblitzturnier:

Endstand Einzel